Jedes Leben ist individuell und einzigartig und mit keinem anderen zu vergleichen. Selbst bei eineiigen Zwillingen gibt es neben der 99% Übereinstimmung der DNA und der Fingerabdrücke, diese Nuancen der Unterschiedlichkeit, der Prägung, Entwicklung,  Lebenserfahrung und - entscheidung. Jedes Leben ist wertvoll und von unserem Herrn und Gott einzigartig und wundervoll geschaffen.

Wenn ich auf meinen Lebenslauf blicke, und hier nicht nur auf den beruflichen, komme ich oft ins Grübeln. Gefühlt fliegen die Jahre nur so dahin, gerade wenn man beruflich, privat und darüber hinaus sehr eingespannt und gefordert ist. Die kurzen Momente der  Entspannung und Ruhe sind kostbar und rar in einem Jahreszeitraum. Gerade deshalb ist so ein regelmäßiger Blick auf unser Leben wichtig.

Wo stehe ich gerade?
Wie geht es mir mit meiner momentanen Ist-Situation?
Welche Wünsche und Träume für die Zukunft habe ich?
Was habe ich im Rückblick bereits erreicht?
Wo bin ich gescheitert?
Welche Sehnsüchte haben sich nicht erfüllt?
Wo muss ich loslassen und Abschied nehmen?
Was gibt mir Hoffnung und neue Energie für die Zukunft?
Gibt es Neues zu erträumen und zu erwünschen?

Unser Leben ist geprägt von verschiedenen Lebensphasen, welche meist mit einer Krise, Herausforderung, einer bewusst wahrgenommenen Umbruchsphase enden. Jede dieser Lebensphasen ist wertvoll und wichtig für unser Wachstum. Dennoch birgt sie auch die Gefahr, dass sich der Wachstumsprozess in negativen Folgen äußert, d.h. statt reifer zu werden, das Leben verbittert zu sehen, hoffnungslos, ohne Perspektive etc.

Romano Guardini hat die Lebensphasen wie folgt eingeteilt:
Das Leben im Mutterschoß, die Geburt und die Kindheit gefolgt von der Krise der Reifung / Pubertät.
Der junge Mensch (ca. 19 J. bis 30 J.) voller Ideale, Kraft und Energie gefolgt von der Krise der Erfahrung zum Erwachsenenalter, der eigene Idealismus reibt sich an der Realität.
Der mündige Mensch (ca. 30 J. bis 45/50 J.) mit einem realistischen Blick auf das Leben, voller Schaffenskraft, Lernen, Zukunftsorientiert gefolgt von der Krise durch die Erfahrung der Grenze (ca. 40 J.), Midlife-Krise, Menopause der Frauen, Lebenslauf und Werte werden in Frage gestellt.
Der ernüchterte Mensch (ca. 50 J. bis 63 J.), ein Ja zum Lebenslauf, mit Erfahrung und Entschlossenheit, ein Zu-Sich-Stehen und auch Neu orientieren gefolgt von der Krise der Loslösung hin zum weisen Mensch (ca. 60 J. bis 80 J.) sowie später zum
Greisenalter / senilen Mensch (ca. 80 J.)

Diese Lebensphasen betreffen uns aber nicht nur persönlich, sondern auch im Zusammenleben als Ehepaare. In der jungen Ehe stehen wir vor der Herausforderung „eins“ zu werden und ein gutes Gleichgewicht als Ehepaar zu finden. Wünsche und Träume zu verwirklichen, etwas zu schaffen und zu genießen. Gerade wir Ehepaare mit einem unerfüllten Kinderwunsch stehen aber bereits hier zusätzlich noch vor der riesengroßen Krise und Frage, ob sich unser Kinderwunsch erfüllt und welche Wege wir auf diesem gehen wollen (Pflegschaft, Adoption, Repro-Medizin etc.).

In der bewährten Ehe (mündige Mensch) ist es dann eine große Aufgabe sich nicht im eintönigen Alltag zu verlieren, sondern an der gegenseitigen Liebe zu arbeiten und diese aufrecht zu erhalten, das bewusste Ja füreinander immer wieder zu bestätigen und ein stabiles Fundament aufzubauen. Wenn wir uns dann auf die Midlife Krise zubewegen, stellt das unsere Paarbeziehung noch mal auf eine besondere Probe, denn es bedeutet auch hier sich als Ehepaar wieder neu zu finden und sich Gedanken und Pläne für die Zukunft zu machen.

Ohne Kinder werden diese Prozesse meist viel früher stattfinden und vielleicht nicht so offensichtlich wie zum Beispiel bei den Ehepaaren, wo die Kinder erwachsen werden, das Haus verlassen und sich die Ehepaare neu finden müssen. Der unerfüllte Kinderwunsch begleitet uns ein Leben lang und viel früher sind wir dazu gezwungen, uns auf besondere Weise mit unserer Lebensgeschichte und Zukunftsplänen auseinanderzusetzen. Dennoch ist es auch hier wichtig sich nicht im Alltag zu verlieren und sich bewusst Zeiten zu nehmen als Ehepaar darüber ins Gespräch zu kommen über unsere Ist-Phase und unsere Zukunftsgedanken. Nicht nur als Vorbeugung für die Umbruchs- und Krisenphasen, sondern einfach aus Liebe und Leidenschaft füreinander und der Freude miteinander unterwegs zu sein. Dem bewussten JA füreinander immer wieder Raum geben, auch in Gottes Gegenwart. Denn Er hat den besonderen Überblick über unser Leben und unsere Zukunft.

Lehre uns, unsere Zeit zu nutzen, damit wir weise werden.

Psalm 90,12

Ich lese gerade „Abraham“ von Klaus Günter Pache, ein sehr inspirierendes und wertvolles Buch. Die Situation der letzten Pandemie Jahre, das Weltgeschehen rund um den Krieg in der Ukraine, unser unerfüllter Kinderwunsch und auch das Älter werden, hat meine erdachten Lebensentwürfe ins Wanken gebracht. Vieles relativiert sich, manches muss neu gedacht und bewegt werden, neue Ziele und Hoffnung gesucht werden.
Wie wichtig sind mir da diese Vorbilder aus der Bibel geworden und Gottes Wirken in ihrem Leben. Wir haben einen großartigen Gott, der uns sieht und uns nicht verlässt. Nach über zehn Jahren mit Jesus unterwegs, stehe ich auch hier gefühlt in einem Umbruch. Mein Glauben trotz leidvoller Erfahrungen, Krisen in meinem Leben, stellt sich auf eine neue Stufe, auf ein stärkeres und ewiges Fundament. Jesus Christus der mit seinem Tod am Kreuz mein Leben kostbar und teuer erkauft hat, ist und bleibt Herr über und in meinem Leben. Ihn liebe und Ihm vertraue ich, dass er mein, und auch unser Leben als Ehepaar, hält und trägt, durch alle Lebensphasen hindurch.
Ja, es wird immer wieder Momente des Ringens geben, der Fragen, der Trauer und dennoch will ich mich auf Gottes Zusagen stellen und bei ihm Hoffnung für die Zukunft finden.

Denn ich weiß genau, welche Pläne ich für euch gefasst habe, spricht der Herr. Mein Plan ist, euch Heil zu geben und kein Leid. Ich gebe euch Zukunft und Hoffnung.

Jeremia 29,11

Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben und nach seinem Willen zu ihm gehören, alles zum Guten führt.

Römer 8,28

Ich wünsche euch von Herzen eine gesegnete Osterzeit, dass ihr neu erfahren dürft, dass Gott euch liebt und euch sieht. In Jesus Christus ist uns alles geschenkt, was wir zum Leben brauchen. In der größten Not steht er uns bei und trägt uns durch. Er ist die Hand die uns nicht loslässt und uns auffängt im größten Chaos des Lebens. Wir sind nicht allein auf unserer Lebensreise.

Was kann man dazu noch sagen? Wenn Gott für uns ist, wer kann da noch gegen uns sein? Gott hat nicht einmal seinen eigenen Sohn verschont, sondern hat ihn für uns alle gegeben. Und wenn Gott uns Christus gab, wird er uns mit ihm dann nicht auch alles andere schenken?

Römer 8, 31-32

Ich wünsche euch im Alltag immer wieder ein Innehalten und mutiges Bestand-Aufnehmen eurer momentanen Lebensphase. Bleibt besonders auch als Ehepaare miteinander im Gespräch und seid euch dieser verschiedenen Phasen und der damit verbundenen Krisen- und Umbruchmomente bewusst. Gott hat Gutes mit euch im Sinn, trotz leidvoller Erfahrungen, die wir nicht erklären können und wo wir keine Antwort finden.

Seid gesegnet und behütet in diesen besonderen Zeiten und mit Hoffnung und Zuversicht erfüllt, im Namen von Jesus Christus.

Herzliche Grüße, Marion

Glücklich ist, wer die Bewährungsproben besteht und im Glauben festbleibt. Gott wird ihn mit dem Siegeskranz, dem ewigen Leben, krönen. Das hat er allen versprochen, die ihn lieben.

Jakobus 1,12

Marion, im April 2022


Buch:
Romano Guardini: „Die Lebensalter“

Liedtipp:
Samuel Harfst „neuer Tag, neues Glück“ vom Album „Live im Studio 2020“

Fotos:
pixabay.com